- Year: 2017
- Medium: Acrylic on canvas, mounted on stretcher frame
- 70 × 100 cm
Ein goldener, gesichtsloser, junger Mann steht gefesselt und nahezu entblößt auf
einem brüchigen Weg, der sich durch eine toxische, von Abgründen durchzogene
Höllenlandschaft windet. Der Körper ist bis auf eine Unterhose nackt; die Fesseln
an Hals, Händen und Füßen verankern eine visuell übersetzte Scham im felsigen
Boden.
Die Komposition thematisiert ein Spannungsfeld aus Begehren und Bedrohung,
innerem Zweifel und äußerer Verurteilung. Zyklopische, phallisch anmutende
Morchelgewächse fungieren dabei als doppelte Projektionsflächen: Sie
visualisieren einerseits fremde Sexualität, andererseits die Wahrnehmung des
eigenen Körpers. Der überdimensionierte Phallus wird als Symbol für Macht,
Begehren und Ausschluss inszeniert – abgöttisch überhöht und zugleich Quelle
tiefsitzender Unsicherheit innerhalb maskuliner Sexualität.
Verurteilung / Condemnation untersucht die Angst, einer Öffentlichkeit ausgesetzt
zu sein, die queer gelesene Personen auf ihre Sexualität reduziert. Körperlose,
zeigende Finger veranschaulichen Mechanismen von Zuschreibung, Erwartung
und Kontrolle. Die schwebenden, allgegenwärtigen Augen verdeutlichen eine
Form permanenter Sichtbarkeit, gespeist aus Lust, Bewertung und sozialer
Überwachung.
Auch die Selbstwahrnehmung wird verhandelt: das eigene Begehren, das eigene
Fleisch, das eigene Genital. Was konstituieren Sexualität und Körperbild im
Spiegel der Anderen? Die Fesselung dient als Metapher für internalisierte
Gewaltverhältnisse – für ein entfremdetes Verhältnis zu einem Körper, der durch
heteronormative Gesellschaftsstrukturen ebenso beansprucht wird wie durch eine
phallozentrierte, übersexualisierte Schwulenkultur.
Das Werk macht eine Erfahrung der Verlorenheit sichtbar – ein existenzielles
Ausgeliefertsein in einer Welt ohne verlässlichen Schutzraum. Es rückt
Einsamkeit, Projektion, soziale Härte und die fragile Möglichkeit von
Selbstbehauptung ins Zentrum der Darstellung.
Verurteilung / Condemnation versteht sich nicht als Ausdruck individueller
Schwäche, sondern als präzise visuelle Analyse struktureller Machtverhältnisse –
zwischen Norm und Abweichung, Selbstbild und Fremdwahrnehmung.
Die Arbeit bildet zusammen mit Verbindung / Connection und Verbreitung /
Contagion ein Triptychon – drei Zustände im Spannungsfeld zwischen Nähe und
Distanz, Identität und Auflösung, Selbstschutz und Kontakt.