- Year: 2019
- Medium: Acrylic on heavy-weight watercolor paper
- 33 × 50 cm
In glühendem Rot liegt eine Figur in Kobaltblau: nackt, jung, schutzlos. Sie ist
umgeben von einer dichten, beinahe übermächtigen Menge entindividualisierter
Körper. Silhouetten und übergroße Hände – greifend oder starr vor Entsetzen –
rahmen die Szene ein. Die als einzige liegende Figur erscheint wie ein Neuzugang
in einem zeremoniellen Kreis: Frischfleisch, eine fremdartige Energiequelle, ein
Objekt der Begierde.
Was zunächst wie eine Initiierung wirkt – eine symbolische Aufnahme in eine
gesellschaftlich geächtete, zugleich aber vom Betroffenen begehrte Gemeinschaft
–, offenbart sich als möglicher Übergriff. Die übergroßen Wesen starren gebannt –
nicht aus Empathie, sondern aus Gier, Faszination und sexuellem Hunger. Es ist
ein Moment geladener Ambivalenz: zwischen Kontakt und Kontrollverlust,
zwischen Anziehung und Bedrohung, zwischen Verbindung und Ansteckung.
Verbreitung / Contagion thematisiert die Angst vor Kontrollverlust: vor
Vereinnahmung durch ein Kollektiv, vor der Unberechenbarkeit sexuellen
Begehrens, vor dem Ausgeliefertsein. Die Arbeit berührt gesellschaftliche Themen
wie HIV, sexualisierte Machtverhältnisse und Gruppendynamiken – aber auch
intime Fragen nach Reinheit, Verletzlichkeit und der Dialektik von Berührung,
körperlichem Austausch und Gefahr.
Die Szene ist rituell aufgeladen – eine kollektive Choreografie, in der Grenzen
verschwimmen: zwischen freiwilliger Hingabe und struktureller Überwältigung,
zwischen Sehnsucht und Projektion, zwischen Realität und Übergriff. Die
übergroßen Hände stehen zugleich für Schutz und Vereinnahmung – sie
symbolisieren Machtverhältnisse, kollektive Schuld und das Unausgesprochene,
das dennoch spürbar bleibt.
Das Bild spricht von Entgrenzung und Entmenschlichung, aber auch von tiefer
Sehnsucht nach Zugehörigkeit – und der Angst, sich darin aufzulösen. Es
konfrontiert mit gesellschaftlich und individuell geprägten Vorstellungen von
Reinheit und Gefahr, Intimität und Bedrohung, Körper und Kollektiv. Die
expressiven Kontraste zwischen kühlem Blau und glühendem Rot – einer Farbe,
die für Blut, Gefahr und das schummrige Licht in Darkrooms steht –, sowie
zwischen Licht und Dunkelheit, verstärken die emotionale Spannung. Die Körper
bleiben bewusst unscharf – Schattenwesen zwischen Realität und Projektion.
Diese Arbeit ist Teil eines Triptychons, gemeinsam mit Verbindung / Connection
und Verurteilung / Condemnation – drei Zustände im Spannungsfeld zwischen
Nähe und Distanz, Identität und Auflösung, Selbstschutz und Kontakt.